Modern Graphics hatte Guy Delisle gestern zu einem Vortrag samt Signierstunde im neuen Laden genötigt. Und das trotz Urlaub und Sehnenscheidenentzündung im Zeichenarm. Das muss man erstmal können. Was man auch können muss, ist beobachten und zeichnen wie der frankokanadische Monsieur Delisle. Allein, mit seiner Frau, die für MSF arbeitet, und später mit seinen Kindern verlagerte er seinen temporären Wohnsitz nach Deutschland, Shenzhen, Pjöngjang, Burma, Äthiopien, Jerusalem und Frankreich. Er zeichnet, was er sieht. Er erzählt, was er erlebt. Das gelingt ihm in seinen journalistischen und autobiographischen Graphic Novels ohne erhobenen Zeigefinger, genauso wie in seinen Anti-Erziehungsratgebern.
Mir gefallen die klaren Linien und reduzierten Panels, das bedachte Erzähltempo, die narrativen Winkelzüge, sein Mut, seine Beobachtungsgabe, der interessierte Blick, die Kulturstudien und die politischen Aspekte, welche er unaufdringlich, immer mit den Menschen im Blick, zu Papier bringt. Leider war ich wieder einmal zu starstruck, um ihm Fragen zu stellen. Jedenfalls bin ich sehr gespannt auf sein neues Projekt, zu dem er ein paar Teaser rausgerückt hatte.